Abenteuer

Wahrscheinlich wird jeder Hund mit einer gehörigen Lust auf große Abenteuer geboren. Und wenn nicht geboren, dann wird diese Abenteuerlust in den ersten zwei bis drei Wochen an den Mutterzitzen getankt und dann aber geht es los. Raus aus der Wurfkiste, direkt rein in den Kabeldschungel der Wohnung, zum Sprungbrett Balkon, in den Gartenteich oder was sonst noch darauf lauert, uns die ersten Herausforderungen zu bieten.  Leider sind wir keine Wölfchen mehr, wo unsere Eltern dem mit stolz geschwellter Brust zusehen würden, sondern leben mit Menschen zusammen, die für Abenteuer in der Regel wenig übrig haben.  Mal echt, alles, womit man im Tierreich weiterkommen würde, ist total verboten. Ich sage nur: jagen oder sich mit anderen Hunden messen. Hundesport ist doch da nur ein magerer Ersatz. Obwohl ich ja sagen muss, besser Hundesport als so ein Gehorsamsquatsch. Hundeschulter muss millimetergenau am Knie des Hundeführers sein und so.

Allerdings kann so eine Sportgemeinschaft wenigstens für kleine Abenteuer sorgen, auch wenn man sie nicht immer selbst bestehen darf. Das war gestern bei unserer Agilitygruppe so. Die Trainer haben unseren Platz begutachtet und festgelegt, dass der Boden zu feucht ist und wir lieber gemeinsam spazieren gehen. Bei solchen Auskünften lässt ja meine Chefin gleich die Ohren hängen. Von wegen spazieren kann man auch allein gehen und Sky mitten in so einem unorganisierten Hunderudel. Rudelführer sind allerdings die Trainer. Und so ging los. Falkenberg querfeldein. So ungefähr zu der Zeit übrigens, als Michael Kessler (- ihr wisst schon, „Kesslers Expeditionen“ für den rbb mit den Huskys -) zum Endspurt ansetzte. Gerade jetzt, wo das Wetter besser wird.  Aber das ist eben typisch Mensch. Da geht es nicht um das Abenteuer, nicht um die Hunde, sondern einfach nur um den Terminplan.

Wir also kamen genau während seines Endspurts an meiner ersten Schafherde vorbei. Das fand ich erst einmal aufregend. 1000 Schafe. Oder, naja, vielleicht 800. 500? Ach ich weiß nicht, schlecht zu schätzen. Vor allem standen da zwei riesige Wollberge, Marke Kuvacs, und versperrten einem total die Sicht. Also vielleicht so 200 – 300 Schafe. I c h  durfte da ja nicht genau nachzählen. Ich war nicht nur an der Leine, meine Chefin hängte sich sogar an mein Geschirr.

Wir waren noch keine drei Schritte an dem keinen Zaun vorbei, da machten die ersten Halter schon ihre Hunde los. Und natürlich passierte das, was passieren musste: Einer von den 12 Hunden konnte sich eben nicht bremsen und war in – sagen wir mal – 5 Sekunden nach Ausklinken des Karabiners wumms! durch den Zaun, an den Riesenhunden vorbei und mitten im Schafsgetümmel. Ich sag nur: Mailow, Parons Jack Russel. Meist unterschätzte Rasse der Welt. Mal höchstens 30 cm hoch. Das ist ungefähr so das Verhältnis, als wenn sich die Vorfahren unserer Chefs in eine Herde von Centrosaurusse begeben hätten.

Wie in einem Wirbelsturm drängte sich die Herde um Mailow, von dem nichts mehr zu sehen und zu hören war, und spielte mit ihm Karussell. Unseren Zweibeinern von den „Flinken Pfoten“ verschlug es total die Sprache. Außer Mailows Frauchen, die immer noch versuchte, ihren Hund abzurufen. Und meiner Chefin, die immer nur sagte: Oh Gott, ich will gar nicht sehen, wie das ausgeht.

Allerdings gab’s ein Happy End! Denn die Schäfer waren gerade gekommen und hatten noch ein paar Tiere gebracht. Die wuselten erst mal durch die Herde und verschafften Mailow freie Bahn. (Ich möchte ja nicht wissen, was die dabei zu meckern hatten. Und schon gar nicht, was gewesen wäre, wenn die Schäfer nicht gerade da gewesen wären. An den riesigen Hundebergen hätte sich jedenfalls keiner von den „Flinken Pfoten“ vorbei getraut. Oder die, die einen Versuch gewagt hätten, wie ich, werden ja immer daran gehindert.) Aber Mailow kam frisch und munter raus, bis zum Zaun eskortiert von so einem Hundeberg. Und dann – typisch Jack Russell – auf dem Rückweg keine Ahnung wie man sich durch den Zaun drängt.

Wie gesagt, wenn einem jeder Spaß verboten wird wie mir, hat man ja echt noch eine Chance, wenn man mit anderen unterwegs ist. Vielleicht wird es ja doch noch Jahr des Hundes. Nächste Woche haben die „Flinken Pfoten“ jedenfalls ihre 5. Geburtstagsfeier. Da bin ich schon mal gespannt, was so los ist.

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